Zivilgesellschaft begrüßt Lieferkettengesetz im Hamburger Koalitionsvertrag

Hamburger Bündnis findet viel Gutes bei verbindlichen Menschenrechten für Unternehmen, aber sieht noch Konkretisierungsbedarf 

Der Koalitionsvertrag der neuen Rot-Grünen Landesregierung in Hamburg erkennt die Notwendigkeit von stärkeren Regeln zur Beachtung von Menschenrechten bei unternehmerischen Aktivitäten an. Für die Hamburger Initiative für ein Lieferkettengesetz gehen viele Vorschläge in die richtige Richtung, sie müssen aber noch konkretisiert werden. Dazu liefert die Initiative Vorschläge und bietet sich den Koalitionspartnern als kritische und konstruktive Gesprächspartnerin an. 

Die Hamburger Initiative für ein Lieferkettengesetz (HILG) ist eine Arbeitsgruppe des Netzwerks hamburg.global, in der verschiedene Hamburger NGOs und engagierte Einzelpersonen mitarbeiten. Die Hamburger Initiative ist Teil der bundesweiten Initiative Lieferkettengesetz. Seit 2019 fordert ein breites Bündnis aus Entwicklungs-, Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und kirchlichen Akteuren ein deutsches Gesetz für verbindliche Menschenrechtspflichten in den weltweiten Lieferketten von Unternehmen. 

Die Hamburger Initiative begrüßt, dass Grüne und SPD in ihrem Koalitionsvertrag ankündigen, sich auf Bundesebene für ein Lieferkettengesetz einzusetzen (S. 198). Nach Thüringen ist die Hamburger Regierungskoalition damit die zweite, die sich explizit im Koalitionsvertrag für ein solches Gesetz ausspricht. 

Aus Sicht der HILG enthält der Koalitionsvertrag gute Vorschläge, die im Sinne der Initiative Lieferkettengesetz sind, bei denen wir aber noch Konkretisierungen für nötig halten: 

  • Die Koalitionspartner planen, als Pilotprojekt bei einem öffentlichen Unternehmen Prozesse menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht einzuführen, um das nach einer positiven Evaluierung auf alle öffentlichen Unternehmen auszudehnen (S. 21).
  • Die Koalitionspartner wollen gerechte und nachhaltige Arbeits- und Produktionsverhältnisse im Ausland zum Kriterium in der öffentlichen Beschaffung machen (S. 84) und durch eine Reform des Hamburger Vergabegesetzes soziale, beschäftigungspolitische, umwelt- und nachhaltigkeitsbezogene Kriterien in die Beschaffung einführen (S. 117). 

Damit fördern die Koalitionspartner das Ziel der Beachtung der Menschenrechte in der öffentlichen und privaten Wirtschaft, so wie es die UN Leitprinzipien und der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte vorsehen. Hamburgs öffentliche und private Unternehmen werden so auf ein zukünftiges Lieferkettengesetz vorbereitet und der positive Einfluss der öffentlichen Hand auf die Menschenrechtslage in ihren Produktionsketten wird gestärkt. Daniel Schönfelder erläutert den aus Sicht der Hamburger Initiative Lieferkettengesetz bestehenden Nachbesserungsbedarf: “Warum nur bei positiver Evaluierung die Einführung von Prozessen menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht bei allen öffentlichen Unternehmen vorgesehen wird, erschließt sich nicht. Denn laut dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte sind alle Unternehmen aufgerufen, Prozesse menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht einzuführen.” 

“Auch bleibt unklar, wieso im Bereich der öffentlichen Beschaffung nicht direkt die Einhaltung von Prozessen menschenrechtlicher Sorgfaltspflicht in globalen Lieferketten als Kriterium eingefordert wird und stattdessen auf gerechte und nachhaltige Verhältnisse abgestellt wird. Als anerkannter Standard, der zukünftig durch verpflichtende Regeln an Relevanz gewinnen dürfte, wäre eine Orientierung an der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht sinnvoller”, stellt Thomas Dürmeier von Goliathwatch fest. 

Die Koalitionspartner bewegen sich mit den genannten Forderungen in die richtige Richtung, damit der Gesetzentwurf der Bundesregierung im Bundesrat eine Zustimmung erfährt. Im Juli soll der Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in den Bundestag eingebracht werden. 

 

Pressemitteilung der Hamburger Initiative für ein Lieferkettengesetz vom 16.06.2020